andreas apitz · jazz piano
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↓Stammtonreihe↓ ↓Intervalle↓ ↓Akkorde↓ ↓Tonarten↓ ↓Akkord/Skalen Dur↓ ↓Akkord/Skalen Moll↓ ↓Index↓
Die folgenden Texte sind dem Kapitel "Musikalische Grundlagen" aus den Hilfe-Funktionen des Programms JazzTrainerAS® entnommen
© 2007 Andreas Apitz www.jazztrainer.com
Die Stammtonreihe     ↑nach oben↑
Die westliche Musik basiert auf einer Reihe von 7 Tönen pro Oktavdurchgang - der sogenannten Stammtonreihe. Diese Töne heissen: A, B, C, D, E, F und G.
Wichtige Anmerkung: Für das im internationalen Sprachgebrauch übliche "B" verwendet man im Deutschen den Namen "H". Wir verwenden hier ausschliesslich das in jazzverwandter Musik allgemein gebräuchliche Symbol "B", sprechen es aber deutsch als "H" aus. Zusätzlich kommt im deutschen musikalischen Sprachgebrauch auch "B" vor; damit ist ein erniedrigtes "H" gemeint. Wir schreiben dafür - wieder international gebräuchlich - das Symbol "Bb".
Die Abstände zwischen den Stammtönen sind nun nicht etwa alle gleich gross, vielmehr gibt es 2 Arten von Abständen:
•  Ganztonschritte : C-D, D-E, F-G, G-A, A-B.
•  Halbtonschritte : E-F, B-C.
Ein Ganztonschritt entspricht 2 Halbtonschritten. 12 Halbtonschritte bilden eine Oktave. Die Stammtonreihe bildet also ein charakteristisches Muster aus Ganz- und Halbtonschritten, an dem sich das Gehör orientiert.
Intervalle     ↑nach oben↑
Der Abstand zwischen zwei gleichzeitig oder nacheinander erklingenden Tönen wird als Intervall bezeichnet und in lateinischen Zahlwörtern angegeben. Gezählt werden dabei die an dem betreffenden Intervall beteiligten Stammtöne - also die genannten beiden Töne plus alle dazwischenliegenden.
Zwischen benachbarten Stammtönen ergibt sich so die Zahl 2, da sich zwischen ihnen natürlich keine weiteren Stammtöne befinden können. Die Intervallbezeichnung heisst Sekund. In diesem Programm schreiben wir sie als [2]. Wie im vorigen Absatz erwähnt, sind die Abstände zwischen benachbarten Stammtönen aber nicht alle gleich gross. Dies führt dazu, dass es prinzipiell zwei verschieden grosse Sekund-Intervalle gibt:
•  Grosse Sekund [2] - 2 Halbtonschritte; zwischen C-D, D-E, F-G, G-A, A-B.
•  Kleine Sekund [b2] - 1 Halbtonschritt; zwischen E-F, B-C.
Von einem Stammton zum übernächsten zählen wir ausser den beiden Intervall-Tönen noch einen dazwischenliegenden dritten; das Intervall heisst entsprechend Terz [3]. Je nachdem, ob an dem betreffenden Terz-Intervall die "engen Stellen" der Stammtonreihe (E-F bzw. B-C) beteiligt sind oder nicht, gibt es auch hier:
•  Grosse Terz [3] - 4 Halbtonschritte; zwischen C-E, F-A, G-B.
•  Kleine Terz [b3] - 3 Halbtonschritte; zwischen D-F, E-G, A-C, B-D.
Das nächstgrössere Intervall ist die Quart [4]. Bei ihr liegen zwischen den Intervalltönen zwei weitere Stammtöne - daher die Zahl 4. Je nachdem, ob an dem jeweiligen Quart-Intervall die "engen Stellen" der Stammtonreihe beteiligt sind, erhalten wir:
•  Reine Quart [4] - 5 Halbtonschritte; zwischen C-F, D-G, E-A, G-C, A-D, B-E.
•  Übermässige Quart [#4] - 6 Halbtonschritte; zwischen F-B.
Bei der Quint [5] liegen zwischen den Intervall-Tönen 3 weitere Stammtöne, was in der Summe 5 ergibt. Bei diesem Intervall ist überall eine "enge Stelle" der Stammtonreihe beteiligt - in einem Falle sogar zwei -, daher erhalten wir:
•  Reine Quint [5] - 7 Halbtonschritte; zwischen C-G, D-A, E-B, F-C, G-D, A-E.
•  Verminderte Quinte [b5] - 6 Halbtonschritte; zwischen B-F.
Die Sext [6] schliesst zwischen den beiden Intervall-Tönen 4 weitere Stammtöne ein. Je nachdem, ob eine oder zwei "enge Stellen" der Stammtonreihe beteiligt sind, ergeben sich:
•  Grosse Sexte [6] - 9 Halbtonschritte; zwischen C-A, D-B, F-D, G-E.
•  Kleine Sexte [b6] - 8 Halbtonschritte; zwischen E-C, A-F, B-G.
Die Sept oder Septim [7] umfasst mit den beiden Intervall-Tönen 5 weitere Stammtöne. Wiederum gibt es Sept-Intervalle mit einer beteiligten "engen Stelle" und solche mit zweien, und so ergeben sich:
•  Grosse Sept [^7] - 11 Halbtonschritte; zwischen C-B, F-E.
•  Kleine Sept [b7] - 10 Halbtonschritte; zwischen D-C, E-D, G-F, A-G, B-A.
Anmerkung : Für die Darstellung der Sept-Intervalle gibt es unterschiedliche Konventionen. Genaueres lesen Sie bitte ↓weiter unten↓
Liegen bei einem Intervall zwischen den beiden Intervall-Tönen 6 weitere Stammtöne, so handelt es sich um eine Oktav [8]. Die beiden Intervalltöne haben denselben Namen. Letztere Bedingung würde auch für die Prim [1] gelten, die z.B. dann entsteht, wenn zwei Sänger genau denselben Ton singen; die Anzahl der beteiligten Tonhöhen ist 1.
Auch für Intervalle, die grösser sind als eine Oktave gibt es eingeführte Bezeichnungen. Diese Intervalle entsprechen jedoch den bereits genannten - sie sind lediglich um eine Oktave erweitert. Hier die gebräuchlichsten grossen Intervalle und ihre Entsprechungen innerhalb des Oktavraums:
•  Non [9] - entspricht Sekund [2] plus Oktave.
•  Dezim [10] - entspricht Terz [3] plus Oktave.
•  Undezim [11] - entspricht Quart [4] plus Oktave.
•  Duodezim [12] - entspricht Quint [5] plus Oktave.
•  Tredezim [13] - entspricht Sext [6] plus Oktave.
Zwischen Intervallen innerhalb des Oktavraumes und ihren Oktav-erweiterten Versionen wird jedoch nicht konsequent unterschieden. In diesem Programm verwenden wir normalerweise die Intervallnamen innerhalb des Oktavraums, mit Ausnahmen beim Dominant-Septakkord: hier sind [9], [13] und (besonders in der übermässigen Form) auch [11] die üblicheren Bezeichnungen.
"Normal"-Grössen von Intervallen     ↑nach oben↑
Da alle Intervalle - ausser Prim und Oktave - in mehreren Grössen vorkommen, hat man sich bei der Benennung allgemein für einen der Fälle als Normalfall entschieden. Die Intervallzahl ohne Zusatzangabe steht also für den Normalfall des jeweiligen Intervalls.
•  Bei Quart und Quint gilt die reine Form als Normalfall. Ist eine vergrösserte Form gemeint - z.B. die übermässige Quart - so wird der Intervallzahl ein Kreuz-Zeichen vorangestellt: [#4]. Für die verkleinerte Form - z.B. verminderte Quinte - vor die Intervallzahl ein b-Zeichen gesetzt: [b5].
•  Bei Sekund, Terz und Sext wird die grosse Form des Intervalls als Normalfall angenommen. Die kleine Form wird mit einem b-Zeichen vor der Intervallzahl bezeichnet: [b2], [b3], [b6].
Bei der Sept liegt der Fall etwas komplizierter:
•  Für Akkordsymbole ist der Normalfall in der Benennung generell die kleine Form - z.B ist C7 in jedem Fall als ein C-Dur-Akkord mit kleiner Sept zu verstehen. Um einen Akkord mit grosser Sept (neudeutsch "major Sieben") zu bezeichnen, stellen wir der Zahl ein Dreieck voran - hier mit " ^ " wiedergegeben - z.B. C^7 (auch Cma7 oder Cmaj7 sind üblich).
•  Für die intervallische Bezeichnung einzelner Töne gibt es bei der Sept folgende Optionen:
•  in gleicher Art wie die Akkordsymbole, d.h. die kleine Sept gilt als der Normalfall [7], die grosse Sept wird als Abweichung mit [^7] (bzw. ma7 oder maj7) angegeben.
•  alternativ wird die grosse Form (wie bei allen anderen Intervallen) als Normalfall [7] und die kleine Sept mit [b7] angegeben.
•  eine Kombination aus den beiden Darstellungsweisen: die kleine Sept wird mit [b7], die grosse mit [^7] angegeben, um die Unklarheit um den "Normalfall" zu umgehen.
Sonderformen von Intervallen     ↑nach oben↑
Intervalle können durch Erhöhung bzw. Erniedrigung der Intervalltöne noch weiter modifiziert werden. Dabei entstehen, was die in Halbtonschritten gemessene Intervallgrösse angeht, Überschneidungen mit den benachbarten Intervallen.
•  Grosse oder reine Intervalle werden durch Erhöhung des oberen Intervalltons - oder durch Erniedrigung des unteren - zu übermässigen Intervallen; z.B. grosse Non [9] G-A wird zu übermässiger Non [#9] G-A# oder Gb-A. [#9] ist mit 15 Halbtonschritten gleich gross wie die kleine Dezim [b10].
•  Kleine oder reine Intervalle werden durch Erniedrigung des oberen Intervalltons - oder durch Erhöhung des unteren - zu verminderten Intervallen; z.B. kleine Sept [b7] A-G wird zu verminderter Sept [°7] A-Gb oder A#-G. [°7] ist mit 9 Halbtonschritten gleich gross wie die grosse Sext [6].
Akkorde     ↑nach oben↑
Ein Akkord bezeichnet im allgemeinen das gleichzeitiges Erklingen mehrerer Tonhöhen. Obwohl alle Akkorde auf Dreiklängen basieren, sind ihre Erscheinungsformen sehr vielgestaltig.
Dreiklänge     ↑nach oben↑
Der grundlegendste Akkord - und Basis aller komplexeren Akkorde - ist der Dreiklang. Er besteht aus dem Grundton, der dem Dreiklang den Namen gibt und den intervallischen Bezugston für die übrigen Dreiklangstöne bildet, sowie der Terz und der Quint.
Je nach Grösse der Terz und der Quint unterscheidet man:
•  Dur-Dreiklang  grosse Terz und reine Quint, z.B. C-Dur-Dreiklang (C-E-G).
•  Moll-Dreiklang  kleine Terz und reine Quint, z.B. D-Moll-Dreiklang (D-F-A).
•  Verminderter Dreiklang  kleine Terz und verminderte Quint, z.B. B-vermindert (B-D-F).
•  Übermässiger Dreiklang  grosse Terz und übermässige Quint, z.B. C-übermässig (C-E-G#).
Umkehrungen von Dreiklängen     ↑nach oben↑
Wenn man den unteren Ton eines Dreiklangs - z.B. C in C-E-G - um eine Oktave erhöht, erhält man den Dreiklang E-G-C. Dieser wird als erste Umkehrung des C-Dur-Dreiklangs verstanden, d.h. die Terz E befindet sich unten, die Quint G in der Mitte und der Grundton C oben.
Erhöhen wir nun das E um eine Oktave, erhalten wir G-C-E - die zweite Umkehrung des C-Dur-Dreiklangs, in der die Quinte G unten liegt, der Grundton C in der Mitte und die Terz E oben.
Versetzen wir nun das G um eine Oktave nach oben, so gelangen wir wieder zur Ausgangsform C-E-G, die wir die Grundstellung des C-Dur-Dreiklangs nennen.
Septakkorde     ↑nach oben↑
Fügt man den Tönen des Dreiklangs - Grundton, Terz und Quint - als weiteren die Sept hinzu, so erhält man einen Septakkord. Je nach Typ des enthaltenen Dreiklangs und Grösse der Sept unterscheidet man:
•  Major-Septakkord  Dur-Dreiklang und grosse Sept, z.B. C^7 (C-E-G-B).
•  Dominant-Septakkord  Dur-Dreiklang und kleine Sept, z.B. G7 (G-B-D-F).
•  Moll-Septakkord  Moll-Dreiklang und kleine Sept, z.B. Dm7 (D-F-A-C).
•  Halbverminderter Septakkord  verminderter Dreiklang und kleine Sept, z.B. Bm7b5 (B-D-F-A).
•  Verminderter Septakkord  verminderter Dreiklang und verminderte Sept, z.B. B°7 (B-D-F-Ab).
Akkordsymbole     ↑nach oben↑
Diese Septakkorde bilden den harmonischen Grundstock des Jazz. Obwohl man in der Praxis sehr oft zusätzliche Töne wie Nonen, Undezimen und Sexten (bzw. Tredezimen) verwendet, macht es doch Sinn, die Akkord-Symbole selbst einfach und übersichtlich zu halten. Zusatztöne werden eher im Sinne erhöhter Farbigkeit der Akkorde verwendet, ohne doch die grundsätzliche Qualität der genannten Septakkord-Typen zu verändern. Zu den in diesem Programm verwendeten Akkordsymbolen:
•  das Grundtonsymbol allein, z.B. C oder Ab, steht für den Durdreiklang auf diesem Ton.
•  Ein darauf folgendes m verändert ihn zum Molldreiklang (auch - oder mi sind üblich).
•  Eine 7 erweitert den Dreiklang um eine kleine Sept.
•  Ist dieser ein Dreieck (bzw. ^ etc.) vorangestellt, ist die grosse Sept gemeint.
•  Eine anschliessende Angabe b5 vermindert die Quint des Akkordes.
•  Beim Verminderten Septakkord wird dem Grundton °7 (z.T. auch nur ° ) oder dim7 hinzugefügt.
Die Tonarten     ↑nach oben↑
Dur-Tonleitern     ↑nach oben↑
Betrachtet man die Stammtonreihe vom Ton C als Zentrum aus, so entsteht aus ihr die C-Dur-Tonleiter, auch Dur-Skala genannt. Sie bildet das grundlegende Tonmaterial der Tonart C-Dur. Die charakteristischen Halbtonschritte der Durtonleiter befinden sich zwischen der III. und IV. Tonleiterstufe (E-F), sowie der VII. und VIII. (B-C).
Eine weitere Möglichkeit, Tonleitern zu betrachten, ist die Intervallbeziehung der einzelnen Stufen zum Grundton. Im Falle der Dur-Tonleiter sind dies: [1]-[2]-[3]-[4]-[5]-[6]-[^7]-[1].
Dieses Intervallmuster findet sich in der Stammtonreihe so nur beim Ton C. Setzen wir beispielsweise G zum Zentrum der Tonreihe, so ergibt sich der erste Halbtonschritt zwar ebenfalls zwischen der III. und IV. Tonleiterstufe (B-C), der zweite jedoch zwischen der VI. und VII. Stufe (E-F). Anders ausgedrückt: diese hat die kleine Sept [b7] statt der grossen [^7].
Dur-Tonarten mit Kreuz-Vorzeichen     ↑nach oben↑
Es gibt dennoch eine Möglichkeit, auf dem Ton G eine Durtonleiter zu bilden: Wenn wir den Ton F um einen Halbton zu F# (Fis) erhöhen, verschiebt sich der Halbtonschritt - von G aus betrachtet - zwischen VII. und VIII. Stufe.
Untersuchen wir nun die Stammtonreihe von D als Zentrum aus: die Halbtonschritte liegen zwischen II. und III. sowie VI. und VII. Stufe. Erhöhen wir wiederum F zu F# und ausserdem C zu C#, so rücken die Halbtonschritte an die "richtigen" Stellen III/IV und VII/VIII.
Um eine Durtonleiter auf A zu erhalten, müssen C zu C#, F zu F# und G zu G# erhöht werden.
Betrachten wir noch einmal die Durtonleitern, die wir bisher gebildet haben:
G-Dur unterscheidet sich im Tonmaterial von C-Dur durch den erhöhten Ton F#. D-Dur wiederum bringt im Vergleich zu G-Dur den Ton C# hinzu, A-Dur hebt sich von D-Dur durch G# ab. In dieser Reihenfolge - C-Dur / G-Dur / D-Dur / A-Dur - angeordnet, d.h. in Quint-Abständen, übernimmt jede Tonart die Erhöhungen der vorangegangenen und fügt eine neue hinzu.
Führen wir diese Quintreihe weiter, so erhalten wir als nächste Tonart E-Dur mit 4 Erhöhungen (4 Kreuz-Vorzeichen oder Kreuzen) F#, C#, G# und D#. Die folgende Tonart B-Dur fügt diesen als 5. Kreuz A# hinzu. Der nächste reine (!) Quintschritt führt uns nicht etwa nach F, sondern nach F#; F#-Dur bringt es mit zusätzlichem E# auf 6 Kreuze.
Hier muss nun auf ein interessantes Phänomen eingegangen werden: Der Ton E# ist durch halbtönige Erhöhung aus dem Stammton E hervorgegangen. Da aber in der Stammtonreihe zwischen E und F nur ein Halbtonschritt liegt, ergibt es sich, dass E# und F dieselbe Tonhöhe haben. Man nennt die Gleichsetzung identischer, aber von unterschiedlichen Stammtönen hergeleiteten Tonhöhen Enharmonik, je nach Fall auch enharmonische Umdeutung oder enharmonische Verwechslung.
Zurück zur Tonart F#-Dur: warum nennen wir ihre VII. Tonleiterstufe E# und nicht F? Vergegenwärtigen wir uns noch einmal, dass sich die Durtonleiter aus der 7-tönigen Stammtonreihe herleitet.
Das bedeutet umgekehrt, dass in jeder Durtonleiter alle Stammtöne - sei es nun in ursprünglicher oder erhöhter bzw. erniedrigter Form - vorhanden sein müssen.
F# - die I. Stufe - leitet sich vom Stammton F her. Es folgen G# von G, A# von A, B, C# von C, D# von D. Nun muss sich der Stammton E anschliessen - allerdings in erhöhter Form E# -, der so mit einem Halbtonschritt in die VIII. Stufe F# führt. Würden wir E# enharmonisch als F umdeuten, so käme der Stammton F in der F#-Dur-Tonleiter zweimal vor - auf der I. Stufe als F# und auf der VII. als F -, der Stammton E dagegen überhaupt nicht.
Dur-Tonarten mit b-Vorzeichen     ↑nach oben↑
Kehren wir zu unserem Ausgangspunkt C-Dur zurück und machen einen Quintschritt nach unten, so gelangen wir zum Ton F. Um hier eine Durtonleiter zu erzeugen, müssen wir den Stammton B zu Bb halbtönig erniedrigen. Die Tonart F-Dur hat also 1 Erniedrigung, bzw. 1 b-Vorzeichen oder 1 b.
Ein weiterer reiner (!) Quintschritt bringt uns nach Bb-Dur, die ebenfalls B zu Bb erniedrigt, sowie E zu Eb.
Es schliessen sich in Quintschritten an: Eb-Dur mit 3 b - Bb, Eb und Ab -, Ab-Dur mit 4 b - zusätzlich Db -, Db-Dur mit 5 b - zusätzlich Gb - und Gb-Dur mit 6 b - zusätzlich Cb.
Der Quintenzirkel     ↑nach oben↑
Ein kurzer Blick zurück: waren wir vorher in steigenden Quintschritten zur Tonart F#-Dur mit 6 Kreuzen gelangt, so führten uns die fallenden Quinten zur Tonart Gb-Dur mit 6 b. Tatsächlich sind die Tonhöhen der beiden Tonarten - enharmonisch betrachtet - identisch. Durch die Enharmonik können wir die beiden zunächst entgegengesetzten Verfahren - Tonarten mit Erhöhungen und solche mit Erniedrigungen - nun zu einem Kreis zusammenführen, dem Quintenzirkel. Er lässt sich leicht in Form eines Zifferblatts mit 12 Stationen vorstellen; das ist die Anzahl der innerhalb einer Oktave möglichen Tonhöhen.
C
FG
 
BbD
 
  
EbA
  
  
AbE
 
DbB
Gb/F#
Moll-Tonleitern     ↑nach oben↑
Setzen wir den Ton A ins Zentrum der Stammtonreihe, so ergibt sich die A-Moll-Tonleiter, die das grundlegende Tonmaterial der Tonart A-Moll beinhaltet. Die charakteristischen Halbtonschritte der Molltonleiter befinden sich zwischen der II. und III. Tonleiterstufe (B-C), sowie der V. und VI. (E-F), oder in Intervallen vom Grundton ausgedrückt: [1]-[2]-[b3]-[4]-[5]-[b6]-[b7]-[1].
Parallele Dur- und Moll-Tonarten     ↑nach oben↑
Die A-Moll-Tonleiter bezieht ihr Tonmaterial aus der Stammtonreihe; dies hat sie mit der C-Dur-Tonleiter gemein. Tatsächlich haben A-Moll und C-Dur die gleiche Tonart-Vorzeichnung (eben keine Vorzeichen); man nennt die beiden parallele Tonarten - das meint Tonarten mit gleichem Tonmaterial (gleichen Vorzeichen). A-Moll ist die parallele Molltonart von C-Dur, so wie diese die parallele Durtonart zu A-Moll ist. Parallele Tonarten sind Klein-Terz-verwandt : von Dur ausgehend findet man die Mollparallele eine kleine Terz tiefer, von Moll aus die Durparallele eine kleine Terz höher.
Somit erhalten wir folgende Paare paralleler Tonarten:
0 #/b  C-Dur/A-Moll
1 #G-Dur/E-Moll(F#)
2 #D-Dur/B-Moll(F#·C#)
3 #A-Dur/F#-Moll(F#·C#·G#)
4 #E-Dur/C#-Moll(F#·C#·G#·D#)
5 #B-Dur/G#-Moll(F#·C#·G#·D#·A#)
6 #F#-Dur/D#-Moll(F#·C#·G#·D#·A#·E#)
1 bF-Dur/D-Moll(Bb)
2 bBb-Dur/G-Moll(Bb·Eb)
3 bEb-Dur/C-Moll(Bb·Eb·Ab)
4 bAb-Dur/F-Moll(Bb·Eb·Ab·Db)
5 bDb-Dur/Bb-Moll(Bb·Eb·Ab·Db·Gb)
6 bGb-Dur/Eb-Moll(Bb·Eb·Ab·Db·Gb·Cb)
Moll: Eine Tonart - verschiedene Tonleitern     ↑nach oben↑
Anders als die Durtonleiter enthält die Molltonleiter keinen Leitton, d.h. keinen Halbtonschritt zwischen der VII. und VIII. Stufe. Man nennt sie in dieser Form natürliche oder auch äolische Molltonleiter. Unser Dur/Moll-tonal geprägtes Hörempfinden mag jedoch auch in Molltonarten auf das Spannungsverhältnis zwischen dem Leitton und seiner halbtönigen Auflösung aufwärts in den Grundton nicht verzichten. Daher wird in Moll der Leitton im Bedarfsfall durch Erhöhung der VII. Tonleiterstufe erzeugt. Da der Leitton nur eine - wenn auch viel genutzte - Option der Molltonleiter neben der nicht erhöhten VII. Stufe ist, findet er bei der Tonartvorzeichnung keinen Niederschlag.
Betrachten wir noch einmal die Intervallstruktur der Molltonleiter mit [^7] (Leitton), so ergeben sich Halbtonschritte zwischen der II. und III. Tonleiterstufe (B-C), der V. und VI. (E-F), sowie der VII. und VIII. (G#-A). Ausserdem tritt nun zwischen der VI. und VII. Stufe (F-G#) ein übermässiger Sekundschritt auf (Grösse 3 Halbtonschritte). Dieses Gebilde - [1]-[2]-[b3]-[4]-[5]-[b6]-[^7]-[1] - nennt man Harmonische Molltonleiter. Sie ist eine theoretische Konstruktion und nicht Grundlage einer eigenen Sorte Moll-Tonart - es gibt kein Stück etwa in A-harmonisch-Moll ; sie gehört einfach zum erweiterten Tonmaterial in Moll.
Eine weitere konstruierte Tonleiter ist Melodisch Moll. Bei ihr werden sowohl die VI. als auch die VII. Stufe erhöht (F#, G#); Halbtonschritte ergeben sich zwischen II. und III., sowie VII. und VIII. Stufe. Die Tonleiter-Intervalle heissen [1]-[2]-[b3]-[4]-[5]-[6]-[^7]-[1].
Akkord- und Skalenmaterial in Dur-Tonarten     ↑nach oben↑
Leitereigene Septakkorde in Dur     ↑nach oben↑
Gehen wir von der C-Dur-Tonleiter aus und bilden auf jeder ihrer 7 Stufen einen Septakkord aus ihrem Tonmaterial, so erhalten wir die 7 leitereigenen Septakkorde - auch Skalen-Septakkorde oder diatonische Septakkorde genannt - der Tonart C-Dur. Sie bilden das harmonische Grundmaterial dieser Tonart. Im einzelnen sind dies:
Stufe Akkord Töne
I C^7 (C-E-G-B)
II Dm7 (D-F-A-C)
III Em7 (E-G-B-D)
IV F^7 (F-A-C-E)
V G7 (G-B-D-F)
VI Am7 (A-C-E-G)
VII Bm7b5 (B-D-F-A)
Die Anordnung der unterschiedlichen Akkordtypen auf bestimmten Stufen hängt mit der Intervallstruktur der zugrundeliegenden Dur-Tonleiter zusammen und ist daher in allen Dur-Tonarten die gleiche. Fassen wir noch einmal zusammen:
•  Major-Septakkorde auf der I. und IV. Stufe
•  Moll-Septakkorde auf der II., III. und VI. Stufe
•  Dominant-Septakkord auf der V. Stufe
•  Halbverminderter Septakkord auf der VII. Stufe
Die Quintfall-Sequenz     ↑nach oben↑
Ordnen wir die leitereigenen Septakkorde in fallenden Quintschritten an, so ergibt sich die sogenannte Quintfall-Sequenz:
I^7 - IV^7 - VIIm7b5 - IIIm7 - VIm7 - IIm7 - V7 - I^7
Sie spielt sowohl in der klassischen Musik als auch im Jazz eine elementare Rolle: Quint-Beziehungen von Akkorden sind die entscheidenden. Deshalb haben die beiden nächsten Quintverwandten des Akkords auf der I. Stufe - der auch Tonika genannt wird - aufgrund ihrer Wichtigkeit ebenfalls spezielle Namen. Die IV. Stufe heisst auch Subdominante - was soviel bedeutet wie: Akkord auf der Unter-Quint (von der Tonika aus gerechnet). Die V. Stufe wird auch als Dominante bezeichnet - das meint: Akkord auf der (Ober-) Quint.
Die Harmonik der meisten Jazz-Standards besteht zum überwiegenden Teil aus mehr oder minder grossen Ausschnitten aus dieser Quintfall-Sequenz. Dabei spielt Segment V7, I^7 - also Dominante Tonika - die entscheidende Rolle. Eigentlich ist sogar der Dominant-Septakkord V7 allein der Hauptakteur. Seine Klangstruktur (Durakkord mit kleiner Sept) erzeugt eine eindeutige Hörerwartung: dass ihm der eine Quinte tiefer angesiedelte Akkord nachfolgt. D.h., dass im Dominant-Septakkord selbst schon die Auflösung zur Tonika (als Erwartung) angelegt ist. Diese Hörerwartung ist so stark und eindeutig, dass sie sehr oft auch für Modulationen (Tonartwechsel) benutzt wird: In eine beliebige andere Tonart kann einfach durch Aufführen von deren Dominant-Septakkord übergeleitet werden.
Die II-V-I Kadenz     ↑nach oben↑
Stellen wir dem Akkordpaar V7 - I^7 noch den in der Quintfall-Sequenz vorgelagerten IIm7 Akkord voran, so gelangen wir zur II-V-I Kadenz, die mit Sicherheit die in Jazzstandards am häufigsten vorkommende Akkordfolge überhaupt ist. Daher stellt sie auch die harmonische Grundlage dieses ganzen Programms dar. Sie ist am doppelten Quintfall und an der typischen Abfolge der Akkordtypen m7 - 7 - ^7 recht leicht zu erkennen. Grundsätzlich handelt es sich bei der II-V-I Kadenz um folgenden Verlauf:
Spannung, latent (IIm7) - Spannung, explizit (V7) - Lösung (I^7).
Dabei haben der Spannung aufbauende Bereich (IIm7, V7) und der der Lösung (I^7) die gleiche Dauer. Dies führt im Normalfall zu folgenden Akkord-Dauern:
•  1 Takt IIm7 - 1 Takt V7 - 2 Takte I^7, oder
•  1/2 Takt IIm7 - 1/2 Takt V7 - 1 Takt I^7.
Der I-VI-II-V Turnaround     ↑nach oben↑
Erweitern wir die II-V-I Kadenz nochmals um den in Quintfall-Sequenz vorgelagerten VIm7 Akkord, so erhalten wir die Akkordfolge VI-II-V-I. Versetzen wir nun den I Akkord vom Ende zum Anfang der Folge, dann ergibt sich I-VI-II-V, ein sogenannter Turnaround. Der V Akkord am Ende dieser Folge lässt den I Akkord nach sich erwarten; daher "kreist" der Turnaround - mehrmals hintereinander gespielt - quasi in sich selbst. Ein sehr bekanntes, von George Gershwin komponiertes Stück "I got rhythm", dessen Harmonieschema wiederum Grundlage für viele andere Stücke ist (rhythm changes), basiert zum grössten Teil auf dieser Turnaround-Formel. Oft wird dabei - wie in den Turnaround-Workshops dieses Programms - der VI Akkord zu einem alterierten (s.u.) Dominant-Septakkord abgeändert.
Die 7 Modi der Durtonleiter     ↑nach oben↑
Kehren wir zurück zur C-Dur-Tonleiter und spielen wir ihre Töne einmal mit D beginnend eine Oktave aufwärts bis D: D-E-F-G-A-B-C-D. Von D als Zentrum aus hört man diese Tonfolge nun als eine Art Moll-Tonleiter. Verglichen mit dem natürlichen (äolischen) Moll hat sie ein etwas anderes Intervallmuster: [1]-[2]-[b3]-[4]-[5]-[6]-[b7]-[1]. Wir charakterisieren sie als Moll mit grosser Sext und geben ihr den Namen Dorisch (oder Dorischer Modus). D-Dorisch ist der Modus auf der II. Stufe der C-Dur-Tonleiter. Erinnern wir uns noch einmal, welcher leitereigene Septakkord sich auf der II. Stufe befindet: es ist Dm7. Verbinden wir nun Akkord und Tonleiter, so können wir allgemein feststellen:
Befinden wir uns in einer Dur-Tonart auf dem Moll-Septakkord der II. Stufe, so spielen wir dazu den dorischen Modus derselben Stufe.
Betrachten wir nun den Modus auf der III. Stufe der C-Dur-Tonleiter: E-F-G-A-B-C-D-E. Wieder hört man eine Art Moll-Tonleiter. Im Vergleich mit dem natürlichen (äolischen) Moll fällt hier das tief klingende F auf: wir charakterisieren diese Tonleiter - [1]-[b2]-[b3]-[4]-[5]-[b6]-[b7]-[1] - als Moll mit kleiner Sekund und nennen sie Phrygisch. Sie wird über dem Moll-Septakkord der III. Stufe einer Tonart gespielt.
Der Modus auf der IV. Stufe der C-Dur-Tonleiter F-G-A-B-C-D-E-F heisst Lydisch. Dieser Modus - [1]-[2]-[3]-[#4]-[5]-[6]-[^7]-[1] - kann beschrieben werden als Dur mit übermässiger Quart und wird über dem Major-Septakkord der IV. Stufe gespielt.
Der Modus auf der V. Stufe der C-Dur-Tonleiter G-A-B-C-D-E-F-G heisst Mixolydisch. Diese Skala - [1]-[9]-[3]-[4]-[5]-[13]-[b7]-[1] - wird charakterisiert als Dur mit kleiner Sept und gespielt über dem Dominant-Septakkord der V. Stufe.
Der Modus auf der VI. Stufe der C-Dur-Tonleiter A-B-C-D-E-F-G-A ist uns schon bekannt als natürliches Moll oder Äolisch. Er wird über dem Moll-Septakkord der VI. Stufe einer Tonart gespielt.
Der Modus auf der VII. Stufe der C-Dur-Tonleiter B-C-D-E-F-G-A-B heisst Lokrisch - [1]-[b2]-[b3]-[4]-[b5]-[b6]-[b7]-[1]. Er kann beschrieben werden als Moll mit verminderter Quint und wird über dem Halbverminderten Septakkord der VII. Stufe gespielt.
Der Modus auf der I. Stufe der C-Dur-Tonleiter C-D-E-F-G-A-B-C ist einfach Dur und heisst auch Ionisch - [1]-[2]-[3]-[4]-[5]-[13]-[^7]-[1]. Er wird über dem Major-Septakkord der I. Stufe gespielt.
Obwohl wir diese Modi theoretisch aus der Durtonleiter hergeleitet haben, erscheint es uns nun wichtig, sie einzeln in ihrer Charakteristik kennen und spielen zu lernen. Dabei betrachten wir die folgenden 3 Modi - der Bedeutung der II V I Kadenz entsprechend - als vorrangig:
Stufe Modus Charakteristik
II Dorisch Moll mit grosser Sext
V Mixolydisch Dur mit kleiner Sept
I Ionisch Dur
Beispiel : In der Kadenz Fm7 - Bb7 - Eb^7 sollte man - von der Vorstellung her - nicht einfach über alle Akkorde die Eb-Dur-Tonleiter spielen, sondern zunächst F-Dorisch, dann Bb-Mixolydisch und schliesslich Eb-Ionisch.
Das Erfassen von Akkord-Zusammenhängen einerseits und die sofortige Verfügbarkeit des Skalenmaterials zu jedem einzelnen Akkord andererseits sind umso wichtiger, als wir in diesem Programm die mixolydische Skala über dem V7 Akkord konsequent durch sogenannte alterierte Dominant-Skalen (s.u.) ersetzen werden, deren Tonmaterial sich sehr deutlich von mixolydisch unterscheidet. Da diese jedoch nicht in jeder musikalischen Situation automatisch die angemessene Skala für einen Dominant-Septakkord ist, sollten Sie Mixolydisch - als wichtigen Modus - ebenfalls kennen.
Akkord- und Skalenmaterial in Dur-Tonarten     ↑nach oben↑
Leitereigene Septakkorde in Moll     ↑nach oben↑
Wie auf Seite 14/24 dieses Kapitels ausgeführt, muss bei Molltonarten der Leitton als Möglichkeit mitberücksichtigt werden. Bilden wir die leitereigenen Septakkorde der A-Moll-Tonleiter - dies ist eine Auswahl, da mit [b6]/[6] und [b7]/[^7] noch einige weitere Optionen zur Verfügung ständen:
Stufe Akkord Töne
I Am^7 oder Am7 (A-C-E-G#) bzw. (A-C-E-G)
II Bm7b5 (B-D-F-A)
III C^7 (C-E-G-B)
IV Dm7 (D-F-A-C)
V E7 (E-G#-B-D)
VI F^7 (F-A-C-E)
VII G7 (G-B-D-F)
Ordnen wir die leitereigenen Septakkorde in fallenden Quintschritten an, so ergibt sich diese Sequenz:
Im(^)7 - IVm7 - VII7 - III^7 - VI^7 - IIm7b5 - V7 - Im(^)7
Die II-V-I Kadenz in Moll     ↑nach oben↑
Stellen wir dem Akkordpaar V7 - I^7 noch den in der Quintfall-Sequenz vorgelagerten IIm7 Akkord voran, so gelangen wir zur II-V-I Kadenz, die mit Sicherheit die in Jazzstandards am häufigsten vorkommende Akkordfolge überhaupt ist. Daher stellt sie auch die harmonische Grundlage dieses ganzen Programms dar. Sie ist am doppelten Quintfall und an der typischen Abfolge der Akkordtypen m7 - 7 - ^7 recht leicht zu erkennen. Grundsätzlich handelt es sich bei der II-V-I Kadenz um folgenden Verlauf:
Die letzten 3 Akkorde aus der obigen Sequenz stellen die II-V-I-Verbindung in Moll dar. Typischerweise finden sich bei dieser auf der II. Stufe ein halbverminderter Septakkord, auf der V. ein Dominant-Septakkord und auf der I. ein Moll-Akkord mit entweder kleiner oder grosser Sept.
Anmerkung : Da der Moll-Tonika-Akkord verschiedene Erweiterungen haben kann, verwenden wir in diesem Programm für ihn einfach das Akkordsymbol des Molldreiklangs (z.B. Cm).
3 ausgewählte Modi von melodisch Moll     ↑nach oben↑
Bevor wir die Skalen zu den Akkorden der II-V-I-Kadenz in Moll bestimmen, müssen wir noch die melodische Molltonleiter - hier exemplarisch auf C aufgebaut - genauer untersuchen. Auch von ihr lassen sich 7 Modi ableiten, von denen wir hier 3 auswählen.
Auf der I. Stufe befindet sich natürlich Melodisch Moll selbst mit den Tönen C-D-Eb-F-G-A-B-C bzw. den Intervallen [1]-[2]-[b3]-[4]-[5]-[6]-[^7]-[1]. Diese Skala kann über einem Mollakkord mit grosser Sept (m^7) gespielt werden.
Auf der VI. Stufe von C melodisch Moll findet sich mit A-B-C-D-Eb-F-G-A oder allgemein [1]-[9]-[b3]-[4]-[b5]-[b6]-[b7]-[1] eine Skala, die als Lokrisch 9 oder Lokrisch mit grosser Sekund bezeichnet wird. Wie Lokrisch kann sie über einem halbverminderten Septakkord (m7b5) gespielt werden.
Der Modus auf der VII. Stufe von C melodisch Moll, B-C-D-Eb-F-G-A-B bzw. [1]-[b2]-[b3]-[b4]-[b5]-[b6]-[b7]-[1] weist zunächst auch auf eine Art lokrischen Modus hin. Mit seiner verminderten Quart [b4] Eb bietet sich hier ein Trick an: durch enharmonische Umdeutung zu D# erklären wir diese zur grossen Terz [3], die bisherige kleine Terz [b3] D wird auf gleiche Art zur übermässigen Non [#9] Cx (doppelt erhöhtes C = "Cisis") - das der Jazzmusiker aber pragmatischerweise gleich wieder zu D vereinfacht - sowie die [b5] F zur [#11] E#. Diese Tonleiter [1]-[b9]-[#9]-[3]-[#11]-[b13]-[b7]-[1] enthält interessanterweise 2 verschiedene Sekunden, keine Quint und mit [3] und [b7] die beiden essentiellen Töne eines Dominant-Septakkordes, zu dem sie in der Tat verwendet wird; sie heisst Alterierte Dominant-Skala oder einfach Alterierte Skala.
Skalen für II-V-I / Moll     ↑nach oben↑
Bevor wir die Skalen zu den Akkorden der II-V-I-Kadenz in Moll bestimmen, müssen wir noch die melodische Molltonleiter - hier exemplarisch auf C aufgebaut - genauer untersuchen. Auch von ihr lassen sich 7 Modi ableiten, von denen wir hier 3 auswählen.
Es fällt auf, dass wir für unsere Ableitungen von melodisch Moll zwar die I. Stufe, nicht aber die II. und die V. herangezogen haben. Tatsächlich werden wir für den IIm7b5 den VI. Modus und für den V7 den VII. Modus von melodisch Moll verwenden. Untersuchen wir dies an einer II-V-I-Kadenz in A-Moll:
Stufe   Akkord    Skala
II Bm7b5 B Lokrisch 9, B-C#-D-E-F-G-A-B
(VI. Modus von D melodisch Moll)
V E7 E alteriert, E-F-G-G#-A#-C-D-E
(VII. Modus von F melodisch Moll)
I Am^7 A melodisch Moll, A-B-C-D-E-F#-G#-A
(I. Modus von A melodisch Moll)
Obwohl hier insgesamt 4 Abweichungen vom grundlegenden Tonmaterial der Tonart A-Moll (ohne Vorzeichen) in Erscheinung treten, hat keine einzelne der 3 Skalen mehr als 2 Abweichungen.
Alteriert in II-V-I / Dur     ↑nach oben↑
Schauen wir unter diesem Aspekt noch einmal auf die Dur-Kadenz zurück: Wie auf Seite 19/24 erwähnt, ersetzen wir den mixolydischen Modus auf Stufe V auch hier durch die alterierte Skala. Bezogen auf die Tonart C-Dur (ohne Vorzeichen) ergibt sich so G alteriert mit den Tönen G-Ab-A#-B-C#-Eb-F-G. Mit Ab, A#, C# und Eb hat die alterierte Tonleiter allein 4 Abweichungen vom C-Dur-Tonmaterial. Wir können also sagen, dass die Verwendung der alterierten Skala in Dur-Kadenzen eine noch stärkere Spannung erzeugt als in Moll-Kadenzen, wo sie dem Tonmaterial an sich näher verwandt ist.
Alterierte 6-, 8- und 12-Ton-Skalen     ↑nach oben↑
Obwohl die alterierte Tonleiter als Ableitung von melodisch Moll zunächst 7-stufig ist, werden wir sie in diesem Programm aufgrund des modularen Konzepts in etwas abgewandelten Formen vorstellen:
•  Alterierte 6-Ton-Skala  [1]-[b9]-[#9]-[3]-[b13]-[b7]-[1] - ohne [#11]
•  Alterierte 8-Ton-Skala  [1]-[b9]-[#9]-[3]-[#11]-[5]-[b13]-[b7]-[1] - mit [#11] und zusätzlich [5]
•  Alterierte 12-Ton-Skala - mit diversen chromatischen Erweiterungstönen
Kadenz-Variante     ↑nach oben↑
Betrachten wir als Beispiel die essentiellen Töne eines G7-Akkordes, also diejenigen, die seine grundsätzliche Akkordqualität bestimmen, so sind das die Terz B und die Sept F. Schauen wir nun unter gleichem Aspekt auf Db7, so können wir feststellen, dass es sich mit F und Cb um die (enharmonisch) gleichen Töne handelt - des einen Terz ist des anderen Sept und umgekehrt. Die Grundtöne von derart verwandten Akkorden befinden sich im Abstand einer verminderten Quinte oder - einer übermässigen Quart, was halbtonmässig das gleiche ist. Ein anderer Name für diesen Tonabstand von 6 Halbtonschritten ist Tritonus, was sich aus der Bezeichnung von 3 Ganzton-Schritten herleitet. Tritonus-verwandte Akkorde können einander vertreten und werden in diesem Fall als Tritonus-Substitut oder Tritonus-Vertreter bezeichnet. Besonders häufig wird dies bei Dominant-Septakkorden in der II-V-I-Kadenz angewandt, die dann die Stufenfolge II-bII-I hat. Aus Dm7-G7-C^7 wird nun Dm7-Db7-C^7.
Mixolydisch #11     ↑nach oben↑
Dabei werden über dem Db7-Akkord typischerweise die Töne Db-Eb-F-G-Ab-Bb-Cb-Db gespielt. Diese Skala hat nun exakt die gleichen Töne (nicht Intervalle!) wie G alteriert: G-Ab-Bb-B-C#-Eb-F-G. Von Db aus betrachten hat diese Tonleiter die Intervalle [1]-[9]-[3]-[#11]-[5]-[13]-[b7]-[1] und entspricht damit weitgehend dem mixolydischen Modus - mit Ausnahme der [#11]. Tatsächlich handelt es sich bei ihr um den IV. Modus von melodisch Moll mit dem Namen Mixolydisch #11.
Dies bedeutet nun, dass es für den Improvisierenden keinen Unterschied macht, ob er über die Akkordfolge Dm7-G7(alteriert)-C^7 spielt oder über Dm7-Db7-C^7 - übrigens auch nicht für den Akkord-Spieler, da die Voicings für G7 alteriert und Db7 (nicht alteriert) die gleichen sind. Der Unterschied liegt einzig beim Bassisten. Wir können es auch so sagen:
II-bII-I ist eine II-V-I mit dem "ausdrücklichen" Hinweis auf einen alterierten V7-Akkord.
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